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Was ist Selbsterweiterung?

  • Autorenbild: isa belle
    isa belle
  • 30. Aug.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 30. Nov.

Die menschliche Entwicklung aus der Sicht der Neurowissenschaft -


In der Psychologische Beratung geht es bei der Selbstfindung auch um Selbsterweiterung. Diese lässt den Klienten - durch bestimmte Fragen und Übungen - sich selbst ehrlich, unerwartet und neu begegnen. Dadurch eröffnen sich ihm Möglichkeitsräume, die sowohl Selbsteinkehr als auch Wachstum zulassen. Selbsterweiterung ist der Schlüssel zu einer sinnhaften und lebendigen Lebensgestaltung.


Was ist das Selbst?

Ein Selbst ist das, wie ein Mensch versteht und spürt, wer er ist. Aber auch die Art und Weise, wie er wahrnimmt und Informationen interpretiert, ist durch das Selbst bestimmt.

Laut der Neurowissenschaft ist das Selbst ein neuronales System, das zunächst noch nicht vorhanden ist und sich im neugeborenen Menschen erst langsam entwickelt. Es ist ein System, das eng mit anderen neuronalen Systemen zusammenarbeitet und sich ein Leben lang weiterentwickelt, anpasst und verändert.



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die Entstehung des "Selbst"

Das menschliche neugeborene Kind ist im Vergleich mit anderen Säugetieren evolutionär gesehen eine Frühgeburt. Es kommt, was die Wahrnehmung, Orientierung und Motorik betrifft, ein Jahr zu früh zur Welt und hat noch kein Bewusstsein von einem Selbst.

Erst durch den Kontakt mit einer zugewandten Bezugsperson lernt es, wer es ist. Diese dient dem neugeborenen Säugling anfangs als eine Art "externes Selbst". Über den Blickkontakt versucht der Säugling eine Verbindung herzustellen. Dann beginnt ein Spiel zwischen Ich und Du. Die Bezugsperson spiegelt die Emotionsausdrücke, Körperbewegungen und Laute des Säuglings und geht, wie auch der Säugling, in Resonanz.


Martin Buber: Der Mensch wird am Du zum Ich

Resonanz zwischen zwei Wesen ist möglich durch ein weiteres Nervensystem - das System der Spiegelneurone (Spiegelnervenzellen). Das Kind lernt zu allererst nicht seine Umwelt, sondern seine Bezugsperson und dadurch sein Selbst kennen: "Wie die Person mich ansieht, auf mich reagiert und was sie fühlt, so bin ich." Ohne die Ansprache und die Resonanz mit einer Bezugsperson kann kein Selbst entstehen und Kleinkinder sterben, denn das Selbstsystem ist mit elementaren körperlichen Systemen verbunden wie dem Immunsystem und dem Antistresssystem.

Ab dem dritten Lebensjahr kommt noch das dritte und letzte Selbstsystem dazu, das sogenannte "Zwei-Perspektiven-Selbst". Dieses ermächtigt das Kind, sich von außen zu betrachten und einen Unterschied zwischen der Bezugsperson und seinem eigenen Selbst zu begreifen.

Das Selbst besteht also neurologisch aus drei verschiedenen Nervensystemen, die miteinander im Austausch stehen: das Selbst-System, das Wir-System und das System des Selbst-Beobachters.


Wozu Selbsterweiterung?

Ein Mensch lernt nicht nur zu Beginn seines Lebens, wer er ist. Sein Selbst-System ist darauf ausgerichtet, ein Leben lang weiter zu lernen und zu wachsen. Die Erweiterung des Selbst durch positive Resonanz mit einem zugewandten Gegenüber (Partner, Freund, Kind, Mentor) lässt den Menschen sich selbst immer wieder neu erfahren. Es befähigt ihn, sich zu verändern und sich seiner Umwelt und Mitmenschen anzupassen. Der Drang nach Selbsterweiterung ist unterbewusst und zeigt sich am ehesten in unserem Selbstgefühl, wenn wir zum Beispiel im Urlaub in ein fremdes Land fahren, ein neues Hobby ausprobieren oder einen neuen Partner kennenlernen. Unsere Fähigkeit zu Resonanz ist dann besonders aktiv und wir genießen unser neues Selbsterleben - unsere Selbsterweiterung.


Stagnation

Wenn durch fehlende oder negative Resonanz die Selbstentfaltung stagniert, verliert ein Mensch an Lebendigkeit und Lebensfreude. Die immer gleiche Routine eines Umfeldes, Arbeitsplatzes oder eines Partners wirkt auf Dauer einschränkend. Wenn mich ein Gegenüber darüber hinaus nicht ernst nimmt, mir nicht zuhört, meine Gefühle ignoriert und meine Anwesenheit kaum wahrnimmt - schlicht nicht in Resonanz ist -, leidet das Selbst.


Selbsterweiterung kultivieren

In der Beratung werden durch eine tragfähige Beziehung, ehrliche Gespräche, inspirierende Übungen und Begegnungen, Selbsterweiterungsprozesse geschaffen. Der Klient soll staunen, irritiert sein, vertrauen, Altes loslassen und nach Neuem Ausschau halten. Probleme werden in einem sicheren Umfeld und Maß erkundet, Potenziale in den Fokus gerückt und sinnhafte und realisierbare Ziele festgelegt. Gemeinsam wird eine innere Haltung und Lebensweise entwickelt, die dem Selbst des Klienten Entfaltung, Selbstbestimmung und positive Resonanz ermöglichen.



Quelle zu diesem Artikel:

"Wie wir werden, wer wir sind" von Joachim Bauer, 2019, 4. Auflage, Karl Blessing Verlag

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