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Autorenbildisa belle

Werde am Du zum Ich.

Aktualisiert: 4. Juli 2023

Was ich sage, weiß ich erst, wenn ich die Antwort höre.


Ein weiterer zentraler Satz der Gestalttherapie, der von großer Bedeutung ist. Wieso? Weil er die Zurückgezogenheit und Selbstbezogenheit des Individeums aufhebt und darauf verweist, dass ein Gegenüber für die Selbstwahrnehmung von großer Bedeutung ist.


„Ursprünglich bedeutet... Gegenwart die unmittelbare Anwesenheit des Gegners und die Konfrontation mit ihm...“

Lexikon der Gestalttherapie S. 83

wie nehme ich mich wahr?

ich sehe mich im Spiegel spiegelverkehrt und mache mein Spiegelgesicht

meine Mimik sehe ich im Alltag nicht

ich sehe meinen Körper teilweise, aber nicht meine Haltung

ich höre meine Stimme, aber nur im Innern meines Körpers

ich höre ständig meine Gedanken, die ich nicht ausspreche

ich habe Überzeugungen, die mir nicht alle bewusst sind

ich reagiere oft instinktiv und unbewusst


Ich mach mir also ein Bild von mir selbst, dass oft von meinen Wünschen, wie ich gerne sein würde, geprägt und geformt ist. Ich bin wirklich überzeugt, dass ich mich kenne, besser als jeder andere Mensch.


ich bin ein guter Mensch

Das Trügerische an einem Selbstbild ist, dass ein Mensch dazu neigt, nur die guten Eigenschaften in sein Selbstbild zu integrieren und die negativen wegzulassen. Es gibt natürlich auch das gegenteilige Extrem von einem Menschen, der sich lieber mit den negativen Eigenschaften identifiziert und sich als Opfer versteht. Wie auch immer, es ist ein selbst kreiertes Selbstbild, das aus dem Mangel, sich selbst von außen betrachten zu können, noch verstärkt wird.


ich bin gut und böse

Die ganze Welt besteht aus Polaritäten - hell und dunkel, Tag und Nacht, Kontakt und Rückzug. Und so ist auch der Mensch gut und böse. Beides steckt in ihm und er kann sich immer wieder von Neuem entscheiden, welche Seite von sich selbst er leben möchte.


in Kontakt gehen

Diese Fähigkeit aller Lebewesen bietet eine ganz besondere Erfahrung.


Ich zeige mich wie, ich meine, ich bin.

Und ich versuche, meinem Gegenüber etwas zu zeigen und zu sagen.

Mein Gegenüber reagiert.

Ich versuche zu verstehen, was es sagt.

Und ich kann prüfen, ob es meinen Ausdruck verstanden hat, indem ich nachfrage.

Oder ob ich es anders zeigen und sagen muss, damit meine Nachricht richtig ankommt.

Ich fühle mich im Kontakt intensiv, denn ich nutze meine Gefühle dafür, meine Nachricht zu vermitteln - genau wie mein Gegenüber.


Ich erlebe den anderen mit seinem Ausdruck und seinen Gefühlen. Und ich erlebe mich im Kontakt anders als wenn ich alleine mit mir bin.


Gefühle als Radar

Wir Lebewesen haben für die Kommunikation mit anderen eine Fähigkeit, die uns früher das Überleben gesichert hat. Wir können wahrnehmen, ob ein Ausdruck, eine Aussage zu den momentanen Gefühlen passt - ob der Ausdruck stimmig ist.

Was uns bei uns selbst aufgrund unserer Überzeugungen schwer fällt, können wir bei unserem Gegenüber recht leicht feststellen. Daher gibt das Gegenüber mit seiner Antwort immer auch eine Rückmeldung, ob der eigene Ausdruck als echt und authentisch wahrgenommen wurde.


Worte ernst nehmen

Wichtig in der Kommunikation ist, die Worte des Gegenübers ernst zu nehmen. Zynismus und Doppeldeutigkeiten helfen für die Klärung eines Ausdrucks nicht weiter, im Gegenteil, sie verwirren absichtlich und verhindern eine klare Kommunikation. Wenn ich Worte ernst nehme und ihre Bedeutung im gesprochenen Kontext hinterfrage und kläre, kommt es zu einem echten und meist überraschend offenen Kontakt, der die Gesprächspartner authentisch sein lässt.


Kontakt an der Grenze

Wenn wir als Gesprächspartner nicht einer Meinung sind und es bei wichtigen Themen zu einer Auseinandersetzung kommt, zeigen sich die Partner ihrem gegenüber am deutlichsten, vorrausgesetzt jeder ist sich seiner persönlichen Meinungsäußerung bewusst und formuliert seine Aussagen auch aus der Ich-Perspektive. Anschuldigungen und Du-Botschaften helfen hierbei nicht weiter, weil sich die gegenseitige Anschuldigungsschlinge sonst immer weiter zuzieht. Wenn ich jedoch meine Aussagen mit den dazu gehörigen Überzeugungen und Gefühlen mit Nachdruck kommuniziere, zeige ich mich unverstellt und ermöglicht echten Kontakt.


Rücknahme der Projektion

„Man könnte sagen, daß der Therapeut und die Gruppe als Projektionsschirm fungieren, auf den die blinden Flecken vom Klienten projiziert werden. Der Klient wird nämlich vom Therapeuten (oder von der Gruppe) fordern, was er oder sie entbehrt.“

de Roeck S. 66

Wenn ich die Rückmeldung meines Gegenübers nutze, um zu überprüfen, was ich "eigentlich wirklich" kommunizieren wollte, kann ich an Gesprächen und vor allem Streitgesprächen wachsen anstatt sie als bloßen Angriff abzuschmettern. Dazu braucht es Offenheit und Selbstreflexion und die Fähigkeit, die Anteile von mir und die meines Gegenübers auseinander zu halten. Ein guter Anfang besteht darin, seine eigenen Anteile identifizieren zu können und dankbar für die Rückmeldung des Gegenübers zu sein.


Integration von Persönlichkeitsanteilen

Mein Gegenüber zeigt mir Persönlichkeitsanteile, die ich an mir nicht wahrnehmen möchte. Besonders Charaktereigenschaften meines Gegenübers, die ich nicht mag und mich aufregen, sind oftmals Persönlichkeitsanteile meiner selbst, die ich ablehne. Es lohnt sich also hinzuhören und wahrzunehmen, was mein Gegenüber mir spiegelt. Auch Tiere tuen dies auf ihre ehrliche und stille Art und Weise.





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